Wenn Affen was schaffen

Monkey Business

Textile Arbeiten von Beate Passow

Sonderausstellung im Augsburger tim zeigt beeindruckende Werke der
Gabriele-Münter-Preisträgerin 2017


Es sind eigenartige Tiere, rätselhafte Fabelwesen und mythische Figuren, die den fünfteiligen Bilderzyklus von Beate Passow bevölkern. Auf den Bildern der Münchner Künstlerin, die im Frühjahr 2017 mit dem renommierten Gabriele Münter Preis ausgezeichnet worden ist, entdeckt der Be-trachter merkwürdige Szenen. Mal sitzt ein Berberaffe gleichgültig auf einem martialischen Kano-nenrohr auf Gibraltar, mal bespringt unweit der New Yorker Börse ein mächtiger Bär von hinten einen kolossalen Bullen und ein andermal posieren sehr menschlich wirkende Füchse wie Touris-ten für ein Gruppenfoto vor dem Brüsseler Atomium. In weiteren Motiven versucht ein Minotau-rus, in der ruinösen Kulisse von Knossos eine nur spärlich bedeckte junge Frau zum Liebesspiel zu verführen, und ein skelettierter Zentaur schreitet – wie nach getaner Arbeit – über zertrümmerte Flüchtlingsboote in Lampedusa hinweg.



Unter dem Titel „Monkey Business“ erkundet Passow, deren Kunst immer eine politische Dimen-sion eignet, Gründe und Abgründe des gegenwärtigen Europa – eines Kontinents, der in seinen Fundamenten erschüttert, der aus den Fugen geraten erscheint. Einst als Hort der Demokratie, Humanität und Kultur gefeiert, sieht Passow das heutige Europa offenbar geprägt von einer mili-tärischen Abwehrhaltung an seinen Grenzen, von einem durch und durch korrumpierten Kapita-lismus und von einem immer schamloser auftretenden Neonazismus. Die Künstlerin konstatiert zudem einen in die Leere gehenden Eros zwischen den – nur mehr – selbstgefälligen Geschlech-tern sowie eine zynische Flüchtlingspolitik, die den Tod vieler Hilfesuchender im Mittelmeer billi-gend in Kauf nimmt.


Erst bei genauerem Hinsehen lässt sich erkennen, dass Passow ihre in Schwarz-Weiß gehaltenen Bilder, die wie Fotomontagen wirken, als raffinierte Tapisserien ausgeführt hat. Entstanden ist ei-ne eindringliche Mythologie des 21. Jahrhunderts, die in ihrer narrativen Anlage die große abendländische Tradition der Tapisserie radikal unterläuft. Die Künstlerin wendet somit eine ehe-dem auf Repräsentation zielende Kunstgattung, die doch der Heldenerzählung, dem Herrscher-lob, der Illustration biblischer Geschichten oder Darstellung pastoraler Szenen vorbehalten war, in ihr kritisches Gegenteil. Passows Fabelwelt der Gegenwart hinterfragt pointiert herrschende Systeme, ökonomische Strukturen und politische Bewegungen. Und am Ende hat nur noch eine paradoxe Moral Bestand: Dass es bei all dem faulen Zauber („Monkey Business“), der Europas Politik und Gesellschaft am bedrohlichen Abgrund zeigt, keine Moral mehr gibt.


Laufzeit der Ausstellung „Monkey Business – Textile Arbeiten von Beate Passow“:

13.12.2017 bis 04.03.2018


Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 09.00 Uhr bis 18.00 Uhr; montags geschlossen


Der Eintritt zur Sonderausstellung „Monkey Business“ ist frei!


Anschrift:

tim | Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg

Provinostraße 46

86153 Augsburg

Tel. 0821 – 81001 – 50 Mail: info@tim.bayern.de www.timbayern.de



Das Staatliche Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) ist eine Einrichtung des Freistaats Bayern, errichtet durch die Stadt Augsburg und den Bezirk Schwaben. Unterstützt durch den Förder- und Freundeskreis tim e.V.

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